„Wir sind am Leben - Das Berlin Musical “ – ein Musical über Freiheit, Verlust und das Berlin der 90er
- Jessy Jess

- 5. Nov.
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Aktualisiert: 6. Nov.
Ab 21.März 2025 zieht ein neues Stück mit Herz, Humor und Haltung ins Theater des Westens ein: „Wir sind am Leben - Das Berlin Musical“. Das Kreativteam um Peter Plate, Ulf Leo Sommer, Joshua Lange, Franziska Kuropka und Lukas Nimschek präsentierte das Musical bei einer emotionalen Pressekonferenz – zwischen Nostalgie, Aufbruch und einem tiefen Blick in die Zeit nach dem Mauerfall.
Zwischen alten Nostalgie-Telefonen und gespannter Erwartung begann die Pressekonferenz für das neue Musical „Wir sind am Leben - Das Berlin Musical“ – und schon der Einstieg zeigte, wie persönlich dieses Projekt für alle Beteiligten ist. Peter Plate, sichtbar nervös, gab offen zu, die Nacht zuvor kaum geschlafen zu haben. Kein Wunder: Mit diesem Stück wagen er und sein Team ein Herzensprojekt, das bereits 2009 als Idee entstand, aber – wie Plate selbst sagt – „damals noch nicht reif war“. Erst heute, nach Jahren gemeinsamer Erfahrungen, sei die Lernkurve da, wo sie hingehört.
Ein Team, das aus Instinkt Menschen besteht
Das bewährte Trio Plate, Sommer und Lange hat inzwischen seine kreative Handschrift gefunden – und mit Franziska Kuropka sowie Lukas Nimschek zwei starke Partner an der Seite. Die Chemie zwischen allen sei von Anfang an spürbar gewesen, so Peter Plate: „Wir halten uns nicht an Regeln. Wir sind Instinkt-Menschen.“
Franziska Kuropka, die schon während der Bibi & Tina-Tour mit Peter Plate und Ulf Leo Sommer zusammenarbeitete, erinnerte sich mit spürbarer Emotion an ihre Anfänge: „Diese Tour hat mich damals aus Hartz IV gerettet. Peter und Ulf sind meine Helden.“
Sie erzählt, dass sie früher großer Rosenstolz-Fan war und „als ihr vorgeschlagen wurde, für ”Wir sind am Leben„ mitzuwirken, vor Freude geweint“ habe.

Lukas Nimschek, bekannt aus dem Kinder- und Familienprojekt „Deine Freunde“, fand über Steffi Irmen seinen Weg zu Peter Plate und Ulf Leo Sommer. Doch schon während seiner früheren Produktionen sei immer wieder das Gefühl aufgekommen, „dass Peter und Ulf uns verfolgen – in den gleichen Hallen, auf den gleichen Bühnen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis wir uns begegnen.“ und, so Lukas Nimschek weiter „das vereint uns, dass wir uns da nicht in eine Schublade stecken lassen. Das sind jetzt die Kinderonkels und das sind die Musicalonkels.“
Peter Plate findet diesen Gedanken ebenfalls wichtig: „Kinder sind die besten Kritiker.“ Franziska Kuropka fügt hinzu: „Und das macht uns alle vier auch aus, dass wir Musical machen, weil wir Musical machen wollen. Dass wir genau das auf die Bühne bringen, was wir selber sehen wollen. Wir halten uns nicht an Regeln. Wir sind Instinkt-Menschen.“

Ein Berlin der 90er zwischen Euphorie und Verlust
Inhaltlich wagt sich „Wir sind am Leben - Das Berlin Musical “ an ein sensibles, aber wichtiges Thema: Berlin im Aufbruch der 1990er Jahre, in einer Zeit zwischen Freiheit und Schmerz.
Ulf Leo Sommer beschreibt den Kern des Stücks mit eindringlichen Worten: „Wir wollen erinnern an Menschen, die von uns gegangen sind, vor allem an jene, die in den 90ern an HIV und AIDS gestorben sind. Es ist uns wichtig, ihnen ein Denkmal zu setzen – mit einer Geschichte, die so wirklich hätte passieren können. Gleichzeitig wollen wir zeigen, dass es nicht einfach die Guten und die Schlechten gibt – und das gepaart mit Humor und Witz.“
Lukas Nimschek ergänzt: „Das Stück erzählt von der Geburtsstunde des heutigen Berlins – diesem Versprechen, auch wenn es hier räudig und dreckig ist, dass man hier feiern und frei sein kann. Die Frage ist nur: Wird dieses Versprechen heute noch eingelöst? Eigentlich war 1990 der große Umbruch. Der eigentliche Start unserer heutigen Berliner Identität. Ich weiß das ja selber, da ich so ein typisches Berliner Wende-Kind bin.““
Zwischen Rausch und Realität – Berlin als eigener Charakter
Einer von drei präsentierten Songs der Pressekonferenz, „Mein Berlin“, war zugleich der letzte, den Peter Plate und Ulf Leo Sommer geschrieben haben. Er thematisiert die Ambivalenz dieser Stadt: „Ich liebe Berlin, aber es ist wirklich keine schöne Stadt“, gesteht Peter Plate. „Eine Hassliebe – aber ich möchte auch nirgends anders leben.“ „Die Aufgabe, ein Berlin-Lied zu schreiben“, erzählt Peter Plate weiter, „erinnert an den ‚schön gewordenen‘ (Ironie) Potsdamer Platz und die Gespräche, die es davor gab, die Demonstrationen. Und den Gedanken: Das machen die jetzt nicht wirklich.“
Ulf Leo Sommer bringt das damalige Lebensgefühl auf den Punkt: „1990 war wie ein Rausch. Wir waren überzeugt, dass die Welt ein besserer Ort wird.“
Lukas Nimschek ergänzt: „Für meine Familie war der Mauerfall ein Beginn, eines neuen Lebens. Für meine Mama war es ein großer Schritt Richtung Freiheit, endlich den Beruf machen zu dürfen, den sie vorher nicht machen konnte. Meine Schwiegereltern hingegen hatten eine Firma gehabt, für die war das damals eine totale Zäsur. Die mussten sich komplett neu finden. Und für viele war es eben entweder total Top oder absolut Flop – etwas dazwischen gab es nicht.“

Figuren mit Tiefe – und biografischen Wurzeln
Die Charaktere des Musicals sind bis ins Detail ausgearbeitet – mit Hintergrundgeschichten, Lieblingssongs und sogar Haustieren. Vieles beruhe auf realen Personen aus dem Umfeld von Peter Plate und Ulf Leo Sommer. Im Zentrum steht Rosi, gespielt von Steffi Irmen, die „eine so große und mit Liebe gefüllte Rolle mittlerweile im Theater des Westens spielt.“ schwärmt Peter Plate. „Steffi hat so viel Energie, da hat man ständig neue Ideen. Als sie damals für Romeo und Julia vorgesprochen hat, war uns das sofort klar. Aber sie war um 9 Uhr die erste, und wir konnten es ihr nicht sofort sagen.“ Rosi ist eine Friseurin aus Wittenberg, die nach dem Mauerfall nach Berlin kommt und dort neu anfängt. Ihre Tochter Nina (gespielt von Celina Dos Santos) ist bereits geflüchtet, um Popsängerin zu werden – das Verhältnis der beiden ist schwierig.
Jörn-Felix Alt spielt Bruno, der das Berliner Nachtleben liebt, HIV-positiv ist und um seine Freunde sorgt. Peter Plate erinnert sich: „Als Jörn-Felix "Ich werd nicht weinen" beim Vorsprechen gesungen hat, haben wir alle geheult. Wir waren völlig unprofessionell – wir wussten sofort: den nehmen wir! „Auch, wenn Lukas zu uns meinte, dass es unprofessionell ist, ihm das sofort zu sagen– aber macht’s ruhig.““

Fazit aus der Pressekonferenz zum Musical
Die Erwartungen sind hoch – viele wünschen sich, dass „Wir sind am Leben - Das Berlin Musical“ das neue große Berlin-Musical wird, das in die großen Fußstapfen von Linie 1 treten könnte. Noch läuft im Theater des Westens „Romeo und Julia - Liebe ist alles“, bevor im Februar die Proben beginnen.
Eines ist jedoch schon jetzt klar: Dieses Stück trägt Berlin im Herzen – mit all seinen Brüchen, seiner Geschichte und seinem Mut, immer wieder neu anzufangen.





